Veranstaltung vom 26. 11. 2011 an der Uni Trier
Auf der Grundlage gesellschaftlicher Verkehrsformen und – präziser – unter den Bedingungen der Klassengesellschaft ist Ideologie als Mittel zur Legitimierung von Herrschaftsverhältnissen stets allgegenwärtig. Eine neoliberale ideologische Formierung vermochte in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich die allgemeinen Krisenerscheinungen, die dem Kapitalismus eignen, wirkungsvoll zu verschleiern, indem sie individualisiert und die Unbilden und Unzulänglichkeiten des Alltags als das Versagen Einzelner rein subjektiv verinnerlicht wurden. Ideologische Herrschaftsvermittlung als Rechtfertigung des Elends ist jedoch kein Gegenstand, dessen theoretische Durchdringung erst in neuester Zeit anhob. Die Beschäftigung mit dem Problem „Ideologie“ ist so alt wie die Geschichte europäischen Denkens selbst. Von Ideologietheorie im engeren Sinne läßt sich allerdings erst für das Zeitalter der frühbürgerlichen Revolutionen sprechen, namentlich bei Francis Bacon und dessen Idolenlehre. Für Bacon galten die Idolen, Trugbilder, als Fesseln falschen Denkens, als Hindernisse im Fortschritt des Wissens. Dieses Paradigma, von Holbach zum Priestertrug, also der Annahme einer Verschwörung der Herrschenden, fortentwickelt, bestimmte durchgängig den Charakter der radikalen Aufklärung. Die darin enthaltene Vereinseitigung, die weder die notwendige Selbsttäuschung noch den verborgenen Wahrheitsgehalt von Ideologien (Kurt Lenk) in den Blick nimmt, wurde erst im Ideologiebegriff von Marx und Engels aufgehoben und die entsprechenden Momente in ein dialektisches Verhältnis zueinander gesetzt. Continue reading